Forderungen der Landesjugendkonferenz im Jahr 2024

Ohne Moos nichts los?!

Junge Menschen, die in Heimen und Wohngruppen leben, wachsen in öffentlicher Verantwortung auf. Das Kinder- und Jugendhilfegesetz verspricht, dafür zu sorgen, unsere „individuelle und soziale Entwicklung [zu] fördern und dazu beizutragen, Benachteiligungen zu vermeiden oder abzubauen“ (§ 1, Abs. 3, Satz 1).

Der Staat gibt für jeden von uns rund 3.500 – 4.500 Euro pro Monat für die Unterbringung in einer Wohngruppe aus. Dieses Geld geht an die Träger und Einrichtungen für Miete, Personal und Sachkosten. Bei uns kommt davon der kleinste Teil an. Das ist zu wenig, um ein Leben zu führen, dass Benachteiligungen ausschließt und uns fördert.

Forderungen der Landesjugendkonferenz im Jahr 2023

Die Forderungen sind im Rahmen der Landesjugendkonferenz 2023 entstanden.

Immer wieder erleben wir es, dass gerade in Einrichtungen Kinderrechte nicht umgesetzt werden. Dazu gehören Rechte wie die auf Privatsphäre, Taschengeld, Bildung oder körperliche Unversehrtheit. Häufig wird dann gesagt, dass Kinder und Jugendliche auch Pflichten hätten. Aber: Das eine (Rechte) hat nichts mit dem anderen (Pflichten) zu tun. Das Gegenteil von Recht ist nicht Pflicht, sondern Unrecht. Wir haben alle unteilbare Rechte, selbst wenn wir nicht all unseren Pflichten nachkommen. Daher ist es falsch und gesetzeswidrig, die Gewährung von Kinderrechten an die Erfüllung von Pflichten zu koppeln.

Freie Akteneinsicht: Wir fordern zeitlich unabhängigen Zugriff auf unsere persönlichen Akten.

Wir wissen, dass jungen Menschen die Akteneinsichten nicht ausreichen, gar gänzlich untersagt wird. Doch ist es ihr gutes Recht ihre eigenen Akten einsehen zu können. Werden Dinge in die Akten geschrieben, die nicht nachvollziehbar formuliert sind, fälschlich dokumentiert sind oder gänzlich falsch. Wir fordern daher, dass Betroffene über die Möglichkeit der Einsicht in ihre eigenen Akten aufgeklärt werden und es zur gelebten Praxis gehört, diesen Zugang zeitlich unabhängig zu gewährleisten!

Diskriminierungsfreier Hilfeverlauf: Wir fordern einen diskriminierungsfreien Hilfeverlauf, keine ableistische, sexistische, transphobe, rassistische Behandlung!

Wir wissen, dass es Einrichtungen gib,t in denen junge Menschen auf ihre Besonderheiten reduziert werden und nicht als Mensch in ihrer Gesamtheit betrachtet werden. Junge Menschen mit Behinderung werden auf Behinderungen reduziert. Junge Menschen mit anderer Herkunft werden als andersartig angesehen. Die gelebte Sexualität wird nicht ernst genommen und für die Jugendhilfe gibt es nur anscheinend nur die binäre Geschlechterkonstellation (Jungen & Mädchen). Für andere Formen von Geschlechtsidentitäten (z.B. trans, cis, queer) gibt es in der Heimerziehung kaum Platz. Darüber hinaus erleben wir Diskriminierung in Bezug auf das Liebesleben junger Menschen, die nicht heterosexuell leben. So werden viele, die nicht heterosexuell leben oder lieben, in vielen Fällen in der Jugendhilfe diskriminiert. Ihre Sexualität steht meist im Vordergrund.

Kontakt zu unserer selbstgewählten Familie: Wir fordern: Kontakt zu unserer selbstgewählten Familie!! Kontaktverbot darf keine pädagogische Strafe sein.

Wir erleben, dass die Wohngemeinschaften/Heime uns zum Teil verbieten unsere selbstgewählte Familie zu treffen und überhaupt Kontakt zu halten. Zudem werden Handykontrollen durchgeführt, um zu schauen, ob das Kontaktverbot eingehalten wird! Es darf auch keinem Menschen verboten werden kann, den Kontakt zu seiner Familie zu halten. Eine selbstgewählte Familie ist ebenso eine Familie, die wie Herkunftsfamilie. Sollte also keine Gefahr drohen, wenn der Kontakt gehalten wird, hat jeder Mensch das Recht, seine Familie zu sehen und zu kontaktieren! Eine selbstgewählte Familie ist ebenso eine Familie, wie die „Erst-Familie“. Handykontrollen dürfen daraufhin auch NICHT ausgeführt werden.

Beschwerde: Wir fordern Beschwerdemöglichkeiten! Nehmt unsere Beschwerden wahr und ernst und sagt uns, wie wir uns beschweren können.

Wir erfahren im Gespräch mit jungen Menschen aus der stationären Jugendhilfe immer wieder, dass es keine oder nur begrenzte Möglichkeiten zur Beschwerde gibt. Werden hier beispielsweise keine Chancen eingeräumt, sich anonym beschweren zu können. Hier wird häufig ein „Beschwerdebriefkasten“ direkt neben dem Leitungsbüro installiert, wo man folglich an der Leitung oder den Betreuenden vorbeilaufen muss, um sich zu beschweren, sofern es überhaupt einen gibt. Hierzu ist zu häufig der Fall, dass es keine Transparenz bezüglich des Beschwerdeverfahrens gibt. Wissen viele Menschen nicht, was mit ihren Beschwerden passiert, nachdem sie abgeben werden. Auch hören wir, dass ein nicht geringer Teil der Beschwerden meist nicht im notwendigen Maße ernst genommen, gar heruntergespielt werden. Wie also sollen junge Menschen im Äußern ihrer Bedarfe und Beschwerden im für sich Einstehen gestärkt werden, wenn es gar nicht erst die Möglichkeit zur wirklich ernstgenommenen Beschwerde gibt?

Platz und Akzeptanz für sexuelle Entfaltung: Wir fordern Platz und Akzeptanz für sexuelle Entfaltung in den Einrichtungen. Wir haben ein Recht auf sexuelle Entfaltung.

Wir wissen, dass in vielen Einrichtungen keine Akzeptanz für sexuelle Entfaltung herrscht. Betreuer*innen schränken junge Menschen so ein, dass kein Platz dafür ist. Entweder dürfen Partner*innen nicht mit ins Zimmer, die Tür soll offenbleiben. Oder Betreuer*innen öffnen unerlaubt die Tür und betreten das Zimmer. Übernachtungen gehen sowieso nicht und in manchen Fällen dürfen Partner*innen gar nicht erst mit in die Einrichtung kommen. Wie soll man sich da noch frei entfalten und erkunden können?! Wo ist da die Privatsphäre? Junge Menschen haben, solange beide in der „Partnerschaft“ 14 sind, das Recht auf sexuelle Entfaltung. Wenn sie alles ausprobieren wollen sollte das akzeptiert werden! Natürlich nur, wenn keine Gefahr im Verzug ist und Alles im Einvernehmen geschieht.

Freizeit: Wir fordern Möglichkeiten, unsere Freizeit selber und frei gestalten zu können!!!

Wir erleben, dass wir unsere Freizeit nicht selber einteilen können. Das liegt hauptsächlich daran, dass Gruppenaktivitäten verpflichtend sind. Außerdem gibt es jeden Tag verpflichtende Aktivitäten, wie Sporttage, Zimmertage, Dienstage, Gruppenstunden und Ausflüge am Wochenende. Das ist zwar schön, aber nicht, wenn man jedes Mal dazu gezwungen wird. Selbst wenn wir selten mal Zeit haben, können wir nicht wirklich etwas Spontanes mit Freunden unternehmen, da sämtliche „Freizeit“ vorher mit Betreuern abgeklärt werden muss – lange im Voraus. Und selbst dann gibt es Einschränkungen, man müsse ja vorher die Eltern kennen lernen oder man hat ganz spontan ein Gespräch mit einem Betreuer. Feste Zeiten für Essen und anderes Alltägliches stellen auch ein Hindernis dar. Besteht meine ganze Jugend im „Heim“. Würden sie das mit ihren Kindern machen?

Keine Aufgezwungene Dankbarkeit: Wir fordern keinen Zwang zur Dankbarkeit. Wir wollen uns nicht für alltägliche Dinge bedanken müssen.

Wir erleben, dass wir zwingend Dankbarkeit zeigen müssen. Das kann ein Betreuer sein, wo gemeint wird, dass ja so viel Zeit und Nerven von ihm für uns geopfert werden oder die Antwort auf eine Beschwerde sein. „Ihr müsst zufrieden sein mit dem, was ihr habt. Andere Heime sind viel schlimmer, vielleicht sollten wir auch mal so anfangen“ sind keine Seltenheit. Wird wirklich so mit konstruktiver Kritik umgegangen? Würde Ihnen so eine Antwort von ihrem Chef gefallen?

Keine Zwangsmedikation: Wir fordern, dass es keine Zwangsmedikation gibt! Wir wollen selbst entscheiden, welche Medikamente wir zu uns nehmen (zum Beispiel keinen Zwang, die Pille zu nehmen).

Wir wollen selbst entscheiden, was für Medikamente wir zu uns nehmen! Es ist eine Frechheit junge Menschen, welche sich gerade in der Entwicklung befinden, hormonverändernde Tabletten nehmen zu lassen, egal ob es dabei um die Pille oder andere Medikationen geht. Den jungen Menschen wird gesagt „Ihr müsst dieses Medikament nicht nehmen, aber…“. „Ihr dürft euren Partner nicht mehr sehen, es könnte ja zu einer Schwangerschaft kommen.“ Es wird von Sozialpädagogen darauf hingewiesen, wie nervig, anstrengend oder auch belastend man sei, ohne Medikamente versteht sich. Der junge Mensch hat Depressionen? Na dann muss er halt Antidepressiva nehmen, das Leben ist kein Wunschkonzert und die Nebenwirkungen sowieso nur eingebildet. Jeder kennt seinen Körper am besten und sollte somit auch selbst entscheiden dürfen, was dieser zugeführt bekommt!

Freier Zugang zum Taschengeld: Wir fordern freien Zugang zum Taschengeld. Keine Verwendung für Sachen, wo zuwenig Geld für da ist.

Wir fordern Entscheidungsfreiheit was unser Taschengeld angeht! Einmal im Monat bekommen junge Menschen Taschengeld vom Jugendamt, der/die Bezugsbetreuer*in bewahrt das Geld für den jungen Menschen bis dieser es einfordert in einer Kasse sicher auf. Eigentlich ist vorhergesehen, dass der junge Mensch sich, wenn er möchte, jederzeit seinen Teil oder den vollen Betrag des Geldes abholen kann.  Oft tritt aber der Fall auf, dass die Betreuer*innen es verweigern einen höheren oder sogar den ganzen Betrag rauszugeben, da man ja nicht „alles auf einmal ausgeben müssen“. Auch ist es kein Einzelfall, dass Betreuer*innen wissen wollen, wofür man denn das Taschengeld überhaupt ausgeben wolle, gefällt ihnen die Antwort nicht oder sehen sie es als Verschwendung an, kann es gut sein, dass der junge Mensch kein Geld bekommt. Wie fänden Sie es, wenn ihr Chef Ihnen ihr Gehalt kürzt, nur weil er nicht versteht, warum Sie 10 € für Shampoo brauchen anstelle von 2€?

Respekt: Wir fordern Respekt!

Wir wissen, dass Respekt zu einem der wichtigsten Aspekte innerhalb zwischenmenschlicher Beziehungen gehört. Und so fordern auch wir Respekt uns gegenüber ein! Wir wollen einen respektvollen Umgangston von unseren Betreuer*innen erhalten, denn auch wir begegnen Ihnen respektvoll. Wir möchten kein grenzüberschreitendes Verhalten mehr erleben wie zum Beispiel Gewichtskontrollen. Wir wollen Gleichberechtigung und eine Kommunikation auf Augenhöhe. Wir dulden keine abwertenden Bemerkungen mehr hinsichtlich unserer selbstgewählten Meinung, unserem Aussehen, unseres Umfeldes usw. Wir sind es wert mit Respekt behandelt zu werden und diesen genauso zu erhalten, wie andere Menschen auch!

Privatsphäre: Wir fordern Privatsphäre! Unser Zimmer ist unser privater Raum. Es soll keine Handykontrollen geben. Zimmer, Bad und Toilette müssen abschließbar sein!!!

Wir erleben, dass wir uns nach Nachtruhezeit der anderen Mitbewohner*innen nicht in unseren eigenen Zimmern aufhalten dürfen, obwohl es unser Schutzort sein sollte. Dennoch sind wir in unseren eigenen Zimmern nicht sicher, da viele Sachen entwendet werden und nicht auf die Lautstärke geachtet wird. Handys werden vermehrt kontrolliert: dort wird nicht nur kurz drüber geschaut, sondern es werden Chats durchgelesen, private Ordner geöffnet und die Bilder/Galerie durchsucht. Rechtlich und fachlich ist es so, dass jede/r das Recht auf Privatsphäre hat, egal in welchem Bereich. Das Zimmer sollte als Schutzort/ Rückzugsort dienen und die jeweiligen Zuständigen sollten Alles in ihrer Macht Stehende tun, damit dies auch so geschehen kann. Zudem sollte darauf geachtet werden, dass keine Sachen entwendet werden, sollte es dennoch auftreten, sollten Konsequenzen her. Handykontrollen gehen GAR NICHT außer es besteht Gefahr oder der/die Jugendliche kommt freiwillig. Handykontrollen sind ein Verstoß gegen das Gesetz, dies kann im schlimmsten Fall angezeigt werden.

Taschengeld für uns/keine Zwangsansparung: Wir fordern unser Taschengeld für uns. Kein Zwangsansparen.

Wir erleben, dass unser Taschengeld uns nicht zur freien Verfügung steht. Statt, dass wir eigene Entscheidungen treffen können, werden wir durch Scheinpartizipation dazu gezwungen zu Sparen. Wir können Sätze wie „du hast sonst kein schönes Leben“, „du wirst untergehen“ oder „wir müssen das vom Jugendamt aus machen“ nicht mehr hören. Wo bleibt unsere Selbstbestimmung?!

Freier Zugang zu Nahrung: Wir fordern freien Zugang zu Nahrung. Wir fordern unbegrenzten Zugang zu Nahrung.

Wir wissen, dass in vielen Einrichtungen der stationären Jugendhilfe kein freier Zugang zu Lebensmitteln gewährleistet wird. So wird uns immer wieder berichtet, dass Kühlschränke oder gar ganze Küchen über Nacht oder ab bestimmter Tageszeit verschlossen werden. Auch gibt es Berichte über die Verwehrung von Nahrungsmitteln/Malzeiten durch Fachkräfte, wenn betroffener junger Mensch seine Dienste nicht erledigt, zu angegebener Zeit nicht in der Einrichtung war oder erst später etwas essen möchte. Wie kann es sein, dass ein Grundrecht derartig eingeschränkt und missachtet wird?

Privatsphäre in WC & Dusche: Wir fordern Privatsphäre in WC und Dusche. Wir wollen die Badtür abschließen. Wir wollen keine festen Duschzeiten. Wir wollen kein Toilettenverbot. Wir wollen freien Zutritt zu Toilette und Dusche.

Wir erfahren oft zu wenig Privatsphäre in Bädern: Kinder und Jugendliche dürfen die Badtüren während des Duschens und Toilettengangs nicht abschließen. Die Zeit im Bad wird meist zugewiesen, brauchen die jungen Menschen länger kann es auch vorkommen, dass die Betreuer*innen sich selbst ins Bad hineinlassen. Es gibt z.B. auch begrenzte Duschzeiten am Abend, außerhalb dieser darf nicht geduscht werden. Die jungen Menschen haben oft wenig bis kein Mitbestimmungsrecht was ihre Duschen bzw. allgemeine Badbesuche angeht. Betreuer*innen schreiben den jungen Menschen vor, wie sie sich zu rasieren haben und wie viel Zeit sie auf dem Klo zu verbringen haben. Kommen die jungen Menschen diesen Aufforderungen nicht nach, folgen Sanktionen wie das abgeben des Handys vor dem Toilettengang.

Achtung unseres Privatbesitzes: Wir fordern die Achtung unseres Privatbesitzes! Wir wollen selber entscheiden, wer an unsere Sachen darf. Wir wollen nicht, dass Privatbesitz eingezogen wird. Es soll keine Taschen- oder Zimmerkontrollen geben, wenn es keinen triftigen Grund gibt. Wir wollen diese Gründe erfahren.

Wir erleben, dass die Betreuer uns nicht selber über unser Eigentum entscheiden lassen. In vielen Fällen können wir nicht selbst über unser Eigentum verfügen, es uneingeschränkt nutzen, es verleihen, es verkaufen und co. Einige der Dinge werden uns weg genommen bei unbegründeten und anlasslosen Zimmerkontrollen. Die allgemeine Erklärung der Menschenrechte garantiert das Recht auf Eigentum. Die UN-Kinderrechtskonvention schließt die Menschenrechte mit ein. Dabei steht uns nach §110 zu, Eigentum zu erwerben und zu nutzen. DAS FORDERN WIR!

Zugang zu Medien: Wir fordern freien Zugang zu Medien! Wir wollen die uneingeschränkte Nutzung von Medien und freien Zugang zum WLAN ohne Zeitbeschränkung.

Wir fordern freien Zugang zu Medien! Wir wollen die uneingeschränkte Nutzung von Medien und freien Zugang zum WLAN ohne Zeitbeschränkung. Das Thema Wlan ist in der Jugendhilfe stark umstritten. Wir alle haben die Erfahrung gemacht, dass der Zugang zu Computern, Handys oder auch Fernsehen stark eingeschränkt wird. Das private Handy wird von Betreuern nachts eingezogen. Im besten Fall wird es vergessen nachts zu laden und man geht mit 10 Prozent Akku in die Schule. Teilweise wird als Konsequenz sogar Handyverbot ausgesprochen. In einer Wohngruppe gibt es für mind. 7 Kinder oder Jugendlichen gerade mal einen PC, der so langsam arbeitet, dass deine eine Stunde Medienzeit am Tag gerade mal zum hochfahren des Computers ausreicht. Wenn man freien und uneingeschränkten Wlan -Zugang möchte muss man erst zur nächsten öffentlichen Wlan- Quelle fahren. Denn in der Wohngruppe gibt es kein Wlan und falls doch ist dieses von einer bestimmten Uhrzeit her beschränkt. Im besten Fall gibt es Wlan- Tickets, welche nach einer Stunde ablaufen und man danach wieder um ein neues Ticket bitten muss. Falls man sein eigenes Gerät nutzen möchte um Schulaufgaben zu erledigen, gilt die gleiche Medienzeit wie für alle anderen Mitbewohner auch. Das diese Geschichten fern ab jeder Realität existieren ist tragisch und muss dringend geändert werden!

Gleiche Chancen auf Bildung: Wir fordern gleiche Chancen auf Bildung. Wir fordern Entscheidungsfreiheit, was unseren Bildungsweg angeht!

Wir wissen, dass vielen Menschen die Bildungswege, die sie einschlagen, aufgezwungen werden. Ihnen wird das Recht abgesprochen, selbst über ihre Chancen entscheiden zu können. Dazu wird den jungen Menschen häufig gesagt, dass sie höhere Bildungsabschlüsse sowieso nicht schaffen würden. Hier wird folglich an der Einschätzungsfähigkeit junger Menschen und ihrer selbst gezweifelt. Dass es für das Selbstvertrauen und -bewusstsein förderlich wäre, junge Menschen in ihren Bildungswünschen und -zielen zu unterstützen und zu empowern, sollte hier nicht geschrieben werden müssen. Doch zeigt uns die gängige Praxis etwas Anderes. Das MUSS sich ändern!

Selbstbestimmung über unser Essverhalten: Wir fordern Selbstbestimmung über unser Essverhalten! Wir wollen entscheiden, was wir wann essen. Wir wollen entscheiden, was wir wann essen. Wir wollen mitentscheiden, wieviel wir essen. Wir möchten nicht für unser Essverhalten kritisiert werden.

Wir wissen darum wie es ist, wenn man nicht das essen darf, was und wann man möchte. Es werden Küchen über Nacht abgeschlossen und wenn man außerhalb der gewohnten Essenszeiten noch Hunger hat muss man bis zur nächsten geplanten Mahlzeit abwarten. Hinzu kommt, falls man ein Essen nicht gerne isst, heißt es gleich: es wird gegessen was auf den Tisch kommt. Wenn man sich alternativ auch noch selbst etwas zu essen machen möchte geht das ebenfalls nicht, denn es ist doch schon bereits etwas zum Essen auf dem Tisch. Entweder man isst diese Mahlzeit oder gar nichts. Wenn wir wieder zurückkommen, werden die Taschen kontrolliert, denn man könnte sich ja Süßigkeiten gekauft haben, diese müssten dann allerdings in die allzu bekannte Süßigkeitenbox im Büro eingelagert werden. Dann kommt man in sein Zimmer und merkt, dass die Chips vom Vortag aus dem Zimmer weg sind, klar denn es dürfen ja auch keine Lebensmittel auf dem Zimmer gelagert werden. Interessant würde ich finden, ob Sie bei sich zu Hause auch ihre Küche über Nacht abschließen und täglich nach 18 Uhr nichts mehr essen? Nein? Komisch, warum müssen wir dann solche Erfahrungen machen und werden auch noch dafür bestraft, wenn wir uns nicht daranhalten?

Psychische Erkrankungen sowie Aufklärung: Psychische Erkrankungen: Wir fordern kompetenten, sensiblen und verständnisvollen Umgang mit psychischen Erkrankungen sowie Aufklärung!

Wir haben gehört, dass sich über psychische Erkrankungen lustig gemacht wird, sie nicht ernst genommen werden z.B. „du willst doch nur Aufmerksamkeit, du bist nur faul und suchst Ausreden.“ Zudem fehlt meist das Verständnis zur Herkunft der psychischen Erkrankung bzw. fehlt es an Aufklärung beim pädagogischen Personal über die verschiedenen psychischen Krankheiten. Meistens fehlt es auch an Interesse ein Hilfeangebot für die Heilung des jungen Menschen zu erarbeiten bzw. anzubieten. Die pädagogischen Fachkräfte stehen in der Pflicht, den jungen Menschen als Menschen zu respektieren und akzeptieren. Sie haben niemals das Recht sich über das Kind/den Jugendlichen lustig zu machen, geschweige denn ein Urteil zu fällen oder den Menschen abzuwerten. Ebenso gehört es auch zu dem Anstand des Menschen sich nicht an anderer Leute Leid zu ergötzen! Vielmehr sollten sie helfen und sensibel mit psychischen Erkrankungen umgehen können.

Keine Taschengeldzwangsnutzung bei Mobilität: Wir fordern, dass Taschengeld nicht zwangsangespart wird. Wir wollen, dass andere geldliche Mittel als unser Taschengeld für unsere Mobilität eingesetzt werden.

Wir erleben, dass unser Taschengeld nicht für uns da ist. Wir nutzen Tickets für die Schule, Arzttermine, Familie oder Freunde. Teilweise müssen wir Gruppenausflüge mitbezahlen, obwohl wir an diesen nicht teilnehmen wollen. Auch für andere Zwecke werden Taschengelder genommen. Warum gibt es dafür keine anderen Gelder und falls doch, warum werden diese nicht dafür eingesetzt? Sind wir nicht einmal den Weg zu unserem sozialen Umfeld, unserer Bildung oder unserer Gesundheit wert?

Mehr Transparenz bei strukturellem Geld: Wir fordern mehr Transparenz bei strukturellem Geld! Wieviel Kosten wir? Was gibt es für Gelder in Wohngruppen?

Wir wollen, dass die Einrichtungen jungen Menschen gegenüber strukturelles Geld transparent machen. Wir wollen wissen, wieviel Geld es wofür gibt. Das heißt wieviel Geld gibt es für: Personal, Gruppenausflüge, Gruppennachmittage, Wohn- und Heizkosten, Fixkosten allgemein, Essen bzw. Gruppenessen und vor allem woher kommt das Geld? Oft wird von den Geldern der jungen Menschen ein Teil behalten, um Dinge, Ausflüge etc. für die Gruppe finanzieren zu können. Selten wird damit transparent umgegangen, sodass die jungen Menschen wissen, wieviel ihnen wofür genau genommen wurde und wieviel ihnen ohne dies eigentlich zustehen würde.

Mehr Geld: Wir fordern mehr Geld, nicht am Rande des Existenzminimums.

Leider ist Geld immer wieder und überall Thema. Auch in der Jugendhilfe gibt es nicht genügend Geld. Das Hygienegeld variiert zwar von Einrichtung zu Einrichtung unterschiedlich, im Durchschnitt sind es aber weniger als ca. 10 € im Monat, die an die jungen Menschen ausgezahlt werden. Das ist viel zu wenig! Dabei ist zu bedenken, dass der junge Mensch sich davon alle Hygieneartikel kaufen muss. Dazu gehören: Rasierschaum, Rasierer, Seife, Duschbad, Shampoo und Spülung, Zahnbürste, Zahnpasta, Waschmittel, Nagelschere und ebenfalls Periodenartikel (welche an sich schon unglaublich teuer sind). Neben dem Hygienegeld fehlt es auch an ausreichend Geld für Medikamente. Viele junge Menschen müssen Medikamente von ihrem Taschengeld zahlen. Hier geht es um die Gesundheit der jungen Menschen, das sollte manchmal betont werden! Außerdem ist das Geld für Essen (wieder abhängig von Einrichtung) viel zu wenig! In einem Fall gab es beispielsweise nur 12 € pro Woche für Lebensmittel. Von 12 € bekommt man ein Brot, eine Packung Käse, Butter und 1 mal Nudeln mit Fertigtomatensoße. Das ist weder gesund und ausgewogen noch für eine Woche ausreichend.

Mitspracherecht Betreuer*innen: Wir fordern Mitspracherecht bei der Wahl unserer Bezugsbetreuer*innen!

Wir haben gehört, dass viele Jugendliche in der Jugendhilfe kein Mitspracherecht bei der Wahl der Bezugsbetreuer*innen haben, auch wenn sie den Wunsch äußern den oder die Bezugsbetreuer*in zu wechseln. Der Wunsch ist meist damit untermauert, dass kein Vertrauen vorhanden ist und sich der oder die Jugendliche nicht öffnen kann, was für den Verlauf der Hilfe jedoch notwendig ist. Es ist unter anderem auch zu bedenken, dass die meisten der jungen Menschen ein Bindungstrauma haben und unbedingt eine feste, langlebige und vertrauensvolle Betreuungsperson brauchen.

Transparenz: Wir fordern allgemeine Transparenz bzw. Konzepte! Wir wollen wissen, wie die WG funktioniert und mitsprechen!

Eine grundlegende Aufgabe der Jugendhilfe ist es uns die Werte der Demokratie zu vermitteln. Wie aber soll man uns beibringen demokratisch zu denken und zu handeln, wenn man uns in unserem eigenen Zuhause keinen Einblick darauf gibt wie Dinge funktionieren? Transparenz ist ein fester Bestandteil davon uns beizubringen wie z.B. Entscheidungen in unserer Einrichtung getroffen werden oder über neues Personal entschieden wird. Diese Dinge haben direkten Einfluss auf unser Leben und wenn ihr uns im Unklaren über Alles lasst, ist es nur noch wahrscheinlicher, dass Missverständnisse auftreten, sich Frust aufbaut und irgendwann schlechte Stimmung herrscht. Deswegen sagt uns wo wir uns über Dinge beschweren können und was unsere Rechte sind und seid offen für Gespräche darüber, wie ihr Entscheidungen im Team trefft, warum die Regeln so sind wie sie sind oder welchen Grund ein bestimmtes Verbot hat. Wir wollen, dass ihr mit uns arbeitet und nicht gegen uns. Dafür brauchen wir Informationen!

Information Rechte: Wir fordern Informationen zu unseren Rechten.

In Gesprächen mit jungen Menschen wird uns immer wieder klar, dass diese nicht um ihre eigenen Rechte wissen. Dementsprechend sind sie und wir nicht selten erstaunt, wenn wir diese mit ihnen besprechen und darüber aufklären. So gehen viele der Menschen in ein Hilfeplangespräch ohne überhaupt zu wissen, was das genau ist, wer dabei sein wird und was dort besprochen werden kann. Auch gibt es in Vorbereitung auf das Hilfeplangespräch häufig eine Vorlage, welche von den Betreuenden über Betroffene erstellt wurde ohne diese mit ihnen ab oder zu besprechen. So kommt es also nicht selten dazu, dass wir als Betroffene im Hilfeplangespräch sitzen, in welchem es um uns gehen soll, aber wir vor vollendete Tatsachen bezüglich unserer fortlaufenden Hilfe gesetzt werden. Auch wird häufig davon gesprochen, dass wir doch für unsere Rechte einstehen und diese einfordern sollen. Doch wie soll das gelingen, wenn wir gar nicht wissen, was unsere Rechte sind?

Freie Entfaltung: Wir fordern die Möglichkeit zur freien Entfaltung von Geschlecht, Gender und Sexualität. Es braucht dafür entsprechende Konzepte.

Als junge Menschen befinden wir uns Alle in einem Prozess der Selbstfindung und Identitätsentwicklung. Besonders Geschlecht, Gender und Sexualität haben einen Einfluss darauf wie wir mit der Welt und wie sie mit uns interagiert. Die Jugendhilfe muss ein sicherer Raum für uns sein, um auch diese Aspekte unserer Identität zu definieren, damit wir gestärkt in die Eigenständigkeit starten können. Wenn diese Selbstfindungsprozesse unterbunden/ verboten werden, birgt das Gefahren für unser Wohl da wir uns dann andere, vielleicht unsicherere Orte, zum Entfalten unserer Identität suchen. Um uns in diesem Prozess zu unterstützen, braucht es eine Jugendhilfe, die sich Gedanken gemacht hat wie sie uns fördern kann und bereit ist mit uns darüber in Dialog zu treten.

Bildung: Wir haben ein Recht auf Bildung!

Wir, in der öffentlichen Jugendhilfe untergebrachte junge Menschen, erfahren durch verschiedenste Auslöser in Biographie und Umgebung oft einen Zugang zu Bildung, der schlechter ist als der unserer Peers. Oft fehlen Personen, die uns bei Hausaufgaben unterstützen, das Geld für Schulmaterial, Schulausflüge oder nötige Nachhilfe und es herrscht der Konsens zwischen Staat und Hilfeerbringenden, dass wir uns mit einem Hauptschulabschluss zufriedengeben sollen, selbst wenn wir höheres anstreben. Damit wir in den Berufsalltag einsteigen und dem Staat nicht mehr „auf der Tasche liegen“. Wir werden weder in unseren Stärken gefördert noch in unseren Schwächen aufgefangen und genau das soll ein Ende haben: denn wir haben ein Recht auf Bildung!

Telefonate: Wir fordern Privatsphäre bei Telefonaten und bei der Post. Wir wollen alleine telefonieren ohne Betreuer. Wir wollen unsere Post selbst öffnen.

Uns wird häufig zugetragen, dass junge Menschen zu Telefonaten in das Büro der Betreuer*innen müssen. Nun stellen Sie sich einmal vor Sie möchten eine nahestehende Person anrufen und mit dieser beispielsweise über die Verhältnisse in der Einrichtung oder den aktuellen Liebeskummer reden, sich über Schule oder Ausbildung aufregen, sich einfach mal auskotzen. Würden Sie das tun, wenn betreuende Personen mithören können? Für uns ist das nicht tragbar und ein großer Einschnitt in die uns zustehende Privatsphäre! Dazu kommt bei vielen der jungen Menschen die Befürchtung auf negative Auswirkungen in der Einrichtung, sollten sie am Telefon nicht das erzählen, was die Betreuer*innen hören wollen. Ebenso wird uns davon berichtet, dass ihre eigene Post ohne Einverständnis von den Betreuer*innen geöffnet wird oder nur in ihrer Anwesenheit geöffnet werden darf. Auch das Thema des Postgeheimnisses ist stets präsent in den Gesprächen mit Carereceiver*innen. Hier wird häufig berichtet, dass die Briefe und auch Pakete der jungen Menschen geöffnet und auch gelesen werden, teilweise in Anwesenheit, teilweise in Abwesenheit Betroffener. Wir würden Sie sich fühlen, einen geöffneten Brief von dem/der eigenen Betreuer*in zu bekommen und auf die Inhalte angesprochen zu werden, ohne vorherige Absprache?

Tagesgestaltung 1: Tagesgestaltung – wir fordern entwicklungsgerechte Selbstbestimmung im Erstellen täglicher Strukturen!

Junge Menschen berichten sehr häufig davon, dass ihnen die Tagesstruktur in den Einrichtungen vorgegeben wird. Hier wird nahezu der ganze Tag, die ganze Woche geplant und strukturiert. So gibt es hier feste Tage, an denen die Putzdienste erledigt werden müssen, auch Gruppenabende oder -stunden sind fest in der Wochenstruktur verankert. Hinzukommen Termine wie Hospitationen der Praktikant*innen oder auch Feste, welche Einrichtungsintern gefeiert werden. Ebenso wird den Menschen vorgeschrieben, wann sie ihre Hausaufgaben zu erledigen haben oder lernen müssen. Obwohl es vielen der betroffenen möglich ist, ihre Tage selbst zu strukturieren, dürfen sie das schlichtweg nicht. Gehört es doch unserer Ansicht nach ebenso zur Verselbstständigung dazu wie das Einkaufen gehen. Hier besteht nach Aussagen der betroffenen Menschen wenig bis kein Raum in Verhandlung zu gehen, genannte Veranstaltungen oder gemeinsame Mahlzeiten gelten als Pflicht. Es darf nicht sein, dass man von der Schule, Ausbildung oder Arbeit kommt und prompt unzählige Aufgaben erledigen muss, da sonst Dinge wie Taschengeldentzug, Ausgangssperre oder kein freier Zugang zu Lebensmitteln folgen. Wie würde es Ihnen denn ergehen, wenn Sie einmal nicht den Abwasch aufgrund von Kopfschmerzen erledigen können und Ihnen dafür Ihre Lebensmittel entzogen werden.

Tagesgestaltung 2: Tagesgestaltung: Wir fordern entwicklungsgerechte Selbstbestimmung im Erstellen täglicher Strukturen.

Wir alle haben es erlebt! Wir kommen von der Schule zurück nach Hause und möchten von dem stressigen geregelten Tagesablauf, eine kleine Pause haben. Direkt wird man aber von seinen Betreuerinnen angesprochen „zeig uns bitte dein Hausaufgaben Heft, da setzt du dich gleich an deine HA ran! Denkt dran du bist heute für die Abendbrot Vorbereitung zuständig. Wenn man fragt ob man heute mal nicht am Gruppenessen teil nehmen kann da man noch ein Projekt ausarbeiten muss heißt es nein. Denn man weiß doch das diese Pflicht sind und man anwesend sein muss. Wenn man sich dann dennoch weigert, werden einem gleich wieder Konsequenzen angedroht. Anstatt, dass wir gefragt werden, wie unser Plan für den restlichen Tag ist und wann wir welche Aufgaben planen wollen. Wird es vorgeschrieben und man hat keine Chance auf Eigenbestimmung. Muss das sein? Definitiv NEIN!

Beteiligung Politik: Wir fordern Beteiligung auf politischer Ebene! Wir wollen in politischen Gremien beteiligt werden. Wir wollen aktiv an der Neuentwicklung von Rechtsgrundlagen mitwirken. Wir wollen Einfluss auf die Umsetzung unserer Rechte nehmen. Wir wollen über Rechtsgrundlagen informiert werden.

Wir, die wir in den Einrichtungen der stationären Jugendhilfe aufwachsen, wissen am besten was wir brauchen und was getan werden muss, um die Hilfen zu verbessern. Häufig hören wir in Gesprächen mit anderen Betroffenen, dass sie nicht in politische Diskurse eingebunden werden und ebenso wenig über ihre Möglichkeiten diesbezüglich wissen. Es bringt uns als junge, in den Einrichtung lebende Menschen, nichts, wenn praxisferne Kräfte über unsere Rechte, Gelder und Möglichkeiten entscheiden. Betroffene bringen ihre eigenen Erfahrungen und Expertisen bezüglich des Lebens außerhalb der Herkunftsfamilien mit und sollten die Möglichkeit haben diese auch zu teilen und vor allem: auch ernst und wahrgenommen zu werden. Wir müssen mitentscheiden und mitdiskutieren können, wenn es um uns betreffende Themen geht!

Religionsfreiheit: Wir fordern Religionsfreiheit und die Möglichkeit, den eigenen selbstgewählten Glauben auszuleben. Es darf keinen Zwang zu religiösen Handlungen geben!